Presseinformation Wien, im Februar 2004

Kindesmissbrauch und Vergewaltigung als Teil eines Lebenskunstwerkes ?

Informationen und Stellungnahmen ehemaliger Mitglieder der Kommune Friedrichshof zur MAK-Ausstellung „Otto Mühl. Leben / Kunst / Werk – Aktion / Utopie / Malerei“ (3.3. – 31.5.2004)

1. Die Ausstellung im MAK – Darstellung von Verbrechen als Kunstwerk
2. Mühls Verbrechen
3. Mühl und die Kunstszene
4. Mühl heute

zu 1. Die Ausstellung im MAK – Darstellung von Verbrechen als Kunstwerk

Das MAK wird in der Mühl-Retrospektive neben dem Aktionismus und der Malerei auch die Kommune Friedrichshof zum Gegenstand haben. Gegen diesen Teil der Ausstellung wendet sich unsere Kritik.
Laut MAK-Presseinfo vom 4.12.2003 ist ein wichtiger Schritt in Muehls künstlerischer Karriere die Umsetzung des Mottos „Kunst ins Leben“ in Form der Kommunegründung. Die Kommune am Friedrichshof wird in der MAK-Show als einzigartiges Experiment einer alternativen Lebensform dargestellt. Das MAK und Mühl stellen die Kommune als idealistischen Versuch dar, die Welt zu verändern und wollen die entwickelten Ideen, darunter auch das gemeinsame Aufziehen des Nachwuchses, neu zur Diskussion stellen.

Das gemeinsame Aufziehen des Nachwuchses beinhaltete für Mühl seit Ende der 70er Jahre sexuellen Missbrauch von Kindern und Jugendlichen, Drogenweitergabe an Jugendliche, öffentliches Abstrafen und Anwendung von körperlicher Gewalt gegenüber Kindern und Jugendlichen.

Was möchte das MAK hier neu zur Diskussion stellen?
Vergewaltigung als Kunstwerk ?
Missbrauch von Kindern als idealistischer Weltveränderungsversuch ?

Was Muehl in der Kommune gemacht hat, war keine Kunst sondern schwere Verbrechen gegen die Menschlichkeit.
Bettina Busse sagt: „Für das Museum und mich als Kuratorin stellt sich nicht die Frage nach Recht, Schuld oder Unschuld. Mühl hat seine sieben Jahre abgesessen, damit ist für mich die Sache abgeschlossen.“ (Informationsdienst KUNST, Juli 2003) Für die Opfer ist die Sache leider oftmals ein Leben lang nicht abgeschlossen. Wie umfassend und interessant das Oeuvre eines Künstlers auch sein mag – es höher und wichtiger zu bewerten als die Leiden, die junge Menschen durch denselben Künstler erdulden mussten, können und wollen wir nicht akzeptieren.
Wir fordern, alle Aspekte, die das Kommuneleben betreffen, unverzüglich aus der MAK-Ausstellung zu entfernen.

zu 2. Mühls Verbrechen

Bis heute versucht Mühl, seine schweren Verbrechen zu verharmlosen. Obwohl er 1991 wegen sexuellem Missbrauch und Vergewaltigung Minderjähriger zu 7 Jahren Gefängnis verurteilt wurde, zeigt er auch nach seiner Haftentlassung keine Einsicht, wie folgende Zitate belegen:

„Ich habe in der Kommune schon Fehler gemacht, aber in der Sexualität sicher nicht.“ (Arte Metropolis, 8.12.2001)
„Warum sollte der Staat vorschreiben, ab wann man Sex haben darf“ (FAZ, 22.2.2004)
„Ich bin kein Kinderschänder. Das ist doch Blödsinn. Das waren alles entwickelte Mädchen.“ (DIE ZEIT, 26.2.2004)

Otto Muehl hat nach neustem Wissensstand bereits in den 70er Jahren begonnen, Kleinkinder ab dem 4. – 5. Lebensjahr über viele Jahre hinweg regelmäßig sexuell zu missbrauchen. Dieser Missbrauch fand sogar teilweise im Beisein seiner kleinen Führungsgruppe statt und wurde im Prozess 1991 nicht thematisiert.

zu 3. Mühl und die Kunstszene

Ein großer Teil der Kunstszene sieht Mühls Verbrechen als geringfügige Verfehlungen an und hält das damalige Strafmaß von 7 Jahren für unangemessen hart. Über das tragische Leiden der vielen Kindern unter Mühls unterdrückerischer Herrschaft wird hinweggesehen. Das Desinteresse von MAK-Chef Peter Noever und seiner Kuratorin Bettina Busse gegenüber unseren Informationen und Anmerkungen ist bedenklich.
Wir mahnen bei der Kunstszene dringend eine kritische Auseinandersetzung über Mühls „Lebenskunstwerk“ an. Wer Kinder missbraucht, Jugendliche vergewaltigt, deren Tagebücher verbrennt und zu Aschebildern verarbeitet, und wer zudem die Unverschämtheit besitzt, diese Verbrechen zur Kunst zu erheben, kann nicht nur nach seinen Werken beurteilt werden, sondern muss auch an seinem Leben gemessen werden.

zu 4. Mühl heute

Seit seiner Haftentlassung vor 6 Jahren lebt Mühl in einer Gruppe mit einigen Erwachsenen und etwa 10 Kindern und Jugendlichen in Faro (Portugal).
In einem Gespräch vor 5 Monaten erwähnte Frau Mühl uns gegenüber, dass sie auch heute „generationenübergreifenden Zärtlichkeitsaustausch“ praktizieren.
Angesichts Mühls uneinsichtiger Einstellung zu seinen Straftaten befürchten wir, dass sich Vergangenes heute wiederholen kann.

Wir bitten die Medien um eine sensible Berichterstattung.